„Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten.“ (2 Tim 4,7)
Am frühen Morgen des 2. November, Allerseelen, gab unsere liebe Mitschwester
FRAU MARIA JADWIGA
Alexandra Rybarski
im 84. Lebensjahr und im 41. Jahr ihrer hl. Profess ihr Leben in Gottes Hand zurück.
Auf ihrem nicht immer leichten Lebensweg gaben ihr ihre tiefe Gottverbundenheit und Liebe zur Muttergottes Kraft, Stärke und Zuversicht, die auch in ihrem musikalischen Können immer wieder zum Ausdruck kam. R.I.P.
Wir bitten, unserer lieben Heimgegangenen im Gebet zu gedenken.
Nekrolog
Alexandra wurde am 6. 1. 1938 in Bielitz (Polen) geboren. Sie war das zweite von insgesamt 7 Kindern der Eheleute Johann und Elisabeth Rybarski. (Zwei Kinder starben bereits im Kindesalter.) Trotz der schweren Zeiten erlebte sie zunächst eine glückliche Kindheit, bis nach den ersten Schuljahren in Bielitz ein Arzt bei dem 10-jährigen Mädchen erstmals eine Rückgradverkrümmung feststellte. Seinem Rat folgend veranlassten die Eltern zum Wohle ihrer kleine Ali, wie sie sie nannten, nun die Schule in Krakau fortzusetzen, was zur Folge hatte, dass sie in so jungen Jahren bereits von Zuhause weg und ins Internat musste. Doch nur so war eine tägliche Behandlung auf dem damals bekanntesten Institut für orthopädische Heilgymnastik möglich. Trotz aller Bemühungen blieb ihr dieses Leiden zeitlebens.
Nach der Grundschule wurde sie in das Musiklyceum aufgenommen, das sie nach 5 Jahren mit dem Abitur und 2 Musikdiplomen (Rhythmik, Dirigieren) als Orchester- und Chorleiterin abschloss und damit die Befähigung zur staatlich anerkannten Musiklehrerin erwarb. Noch im Juni 1958 bestand sie die Aufnahme für die Musikhochschule in Krakau, besuchte diese aber nur 3 Monate, da die wirtschaftliche Situation die Familie zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland zwang. Vom Dezember 1958 bis ins Frühjahr 1960 wurde die ganze Familie nacheinander in mehreren Durchgangslagern untergebracht. 1959 kam Alexandra für ein Schuljahr zur Erlernung der deutschen Sprache nach Offenburg ins Internat der Augustiner Chorfrauen. Im April 1960 bestand sie die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Stuttgart. Nach 3-jähriger Ausbildung mit Schwerpunkt Klavier war sie staatlich geprüfte selbständige Musiklehrerin und begann daraufhin mit dem Studium der Kirchenmusik, das sie 1968 erfolgreich abschloss. Nach Beendigung des Studiums machte sie sich als Klavierlehrerin selbständig. Gerne erzählte sie heitere Episoden aus dieser Zeit. Bis zuletzt blieben Kontakte mit ihren ehemaligen Schülerinnen aufrecht. Schon während des Studiums war sie Organistin und Chorleiterin, zunächst in Großsachsen und später in der Dreieinigkeitskirche in Ludwigsburg.
Von Kindheit an hatte sie einen starken Zug zum religiösen Leben, liebte häufige Kirchenbesuche, was wohl durch die Atmosphäre der, zumeist von Schwestern geführten Internaten gefördert wurde. Bei Besuchen in der Abtei Neresheim – P. Hugo Weihermüller OSB war ein Studienkollege – war sie von der Liturgie und der Verbindung von Apostolat und Gebet besonders angerührt. Nach und nach wurde der Ruf zum Ordensleben, den sie erstmals schon mit 13 Jahren verspürt hatte, immer stärker. Verschiedene Erfahrungen hatten ihre persönliche Gottesbeziehung gestärkt und reifen lassen, aber es sollte noch Jahre dauern, bis sich die Verhältnisse soweit stabilisiert hatten, dass sie ihren Wunsch verwirklichen konnte. Im April 1977 schrieb sie den „entscheidenden Brief“, wie sie selber es nannte und bat um Erlaubnis für ein Probepostulat während der Sommerferien um den Nonnberg kennenzulernen. Äbtissin M. Laurentia Fritz gewährte ihr diese Bitte. „Schon am zweiten Tag meines Aufenthaltes hatte ich Klarheit – hier möchte ich bleiben!“ Nach 37 Tagen der Probe fuhr sie zurück nach Ludwigsburg, um ihren Eintritt zur Vigil von Pfingsten, dem 13.5.1978, vorzubereiten. Bei der Einkleidung erhielt sie den Namen Sr. Maria Jadwiga von der Heiligsten Dreifaltigkeit. Namenspatronin war die Tochter König Ludwigs I. von Polen: Hedwig (poln. Jadwiga) von Anjou. Damit war die Verbindung zu ihren Wurzeln, den ersten 20 polnisch geprägten Jahren und den nächsten 20 Jahren in Deutschland hergestellt. Am 14. Juni 1981 legte sie ihre zeitliche und 1. Juli 1984 die Ewige Profess ab.
Fr. M. Jadwiga hat sich gemäß dem Vorbild der Muttergottes, die sie sehr verehrte, in ihrem Leben in den vielen Herausforderungen immer ganz bewusst der Führung Gottes überlassen. Ihre Spiritualität, die vom soliden polnischen Volksglauben genährt, von der Regel des hl. Benedikt und ihrer großen Liebe zur Versenkung und stillem Gebet geprägt war, und ihre Freude am gregorianischen Choral halfen ihr, im geistlichen Leben zu wachsen.
Ihr offener, froher Charakter, ihr warmherziges Zugehen auf andere, ihre große Dankbarkeit und das helfende Zugreifen, wie auch ihr Temperament zeichneten sie aus. Mit ihren vielfältigen Fähigkeiten brachte sie sich als Organistin, Schneiderin, Refektoriumsmeisterin, viele Jahre auch an unserer Außenpforte und vor allem überall dort, wo ihr Organisationstalent gefragt war, sehr segensreich ein. Auch war sie äußerst erfinderisch, wenn es darum ging, Ordnung herzustellen und Erleichterungen zu schaffen. Mit ihrer Begeisterung zu Gesellschaftsspielen steckte sie auch Mitschwestern an, denn sie wusste: Spielen fördert das Gemeinschaftsleben, mehrt die Freude, löst und macht gelassen.
Ihr musikalisches Talent brachte sie vielfältig in unser Gemeinschaftsleben ein. Unvergessen bleiben uns ihre vielen Orgelimprovisationen, vor allem zum Epiphaniefest, bei denen der Anmarsch der königlichen Karawane mit Elefanten und Dromedaren sehr originell zum Ausdruck kam. So lange sie konnte begleitete sie unser Chorgebet, erfreute uns bei festlichen Anlässen mit ausgewählten Stücken und gab auch viele Jahre hindurch unseren Internatsschülerinnen Klavierunterricht.
Sie liebte das Singen, war sehr belesen und interessiert in vielen Belangen. Ihre Rückenprobleme sowie die zunehmende Erblindung zwangen sie, die bis zum Schluss geistig rege war, nach und nach alles loszulassen und banden sie immer mehr an die Zelle. Als großes Geschenk empfand sie die Hörbücher des Blindenverbandes sowie die Bibel CDs, die ihr geistige Anregung und Freude schenkten. Mit großem Interesse verfolgte sie immer die Geschicke der Welt sowie ihrer Familie und begleitete diese intensiv mit ihrem Gebet. Trotz ihrer massiven Sehschwäche war es ihr bis zuletzt ein großes Anliegen, ihre Verbundenheit durch einen persönlichen handgeschriebenen Gruß auszudrücken.
Im Vertrauen auf die Kraft des Heiligen Geistes und aus der Haltung der Dankbarkeit waren ihr Lebensfreude, Humor und ein gebendes Herz geschenkt. Damit erfreute sie ihre Mitschwestern und alle, denen sie begegnete.