Ein Lächeln für Jesus, so könnte man das Leben und Sterben unserer lieben Mitschwester
FRAU MARIA EMMANUEL
Elisabeth Ingruber
die am 5. Dezember, während des Läutens zum Abendangelus, still und fast unmerklich einschlief, zusammenfassen. Sie stand im 86. Lebensjahr und im 62. Jahr ihrer hl. Profess.
Frau M. Emmanuel wurde als erstes Kind der Kaufleute Alois und Amanda Ingruber am 24. Juni 1938 in Ainet/ Osttirol geboren und auf dem Namen Elisabeth getauft. Gemeinsam mit ihren Geschwistern Alois und Annemarie, denen sie sich ihr Leben lang herzlich verbunden fühlte, erlebte sie eine behütete Kindheit in einer gläubigen Familie. Besonders geprägt hat sie die Herz Jesu und Herz Mariae Verehrung und eine tiefe Liebe zur Hl. Eucharistie. Im Alter von 9 Jahren begann sie, angeleitet von ihrem Volksschullehrer, der ihre musikalische Begabung erkannt hatte, mit dem Orgelspiel, obwohl sie damals noch so klein war, dass sie mit den Füßen die Pedale nicht erreichen konnte. Doch schon bald spielte sie bei den Gottesdiensten die Orgel. Nach dem Abschluss der Pflichtschule erhielt sie im Institut St. Josef in Feldkirch eine hauswirtschaftliche Ausbildung und arbeitete anschließend im Geschäft ihres Vaters.
Der Wunsch, ihr Leben Gott zu weihen, erwachte bereits früh in ihr, und sie spürte, dass ihre Berufung die in eine kontemplative Gemeinschaft wäre. Im Frühjahr 1957 hatte sie die Möglichkeit, zusammen mit ihrer Schwester an einer Pilgerfahrt nach Lourdes teilzunehmen. Sie hoffte, dort auf die Fürbitte der Muttergottes Klarheit über ihren weiteren Weg zu bekommen. In der Pilgergruppe traf sie eine Nonnberger Schwester, die als Krankenschwester an der Wallfahrt teilnahm. In einem Gespräch eröffnete Elisabeth ihr, dass sie eine Berufung verspüre und überlege, bei den Karmelitinnen einzutreten. Die Schwester riet ihr jedoch ab, da sie für diese strenge Lebensweise in einem Karmel zu zart sei, und ermunterte sie, doch in der Abtei Nonnberg anzufragen. Über-glücklich, nun Klarheit über ihren Weg gefunden zu haben, kehrte sie nach Hause zurück, und verfasste sogleich ihr Schreiben mit der Bitte um Eintritt in die Abtei Nonnberg. Erst als der Brief mit der positiven Antwort zum sofortigen Eintritt eintraf, erfuhren die Eltern von dem Wunsch ihrer Tochter. Der Vater, der still schon immer um die Berufung eines seiner Kinder gebetet hatte, machte ihr Mut und wirkte auf die Mutter, die dieser Brief schmerzlich traf, ein. Schon bald konnte der Vater sein Ilserle, wie sie in der Familie liebevoll genannt wurde, nach Salzburg begleiten. Am 16. Juli 1957, dem Fest „Maria vom Berge Karmel“, begann sie ihr Ordensleben am Nonnberg. Da sie nur über den Pflichtschulabschluss verfügte, wurde sie als Kandidatin für die Laienschwestern aufgenommen. Schmerzlich musste sie erkennen, dass ihr damit die Teilnahme am feierlichen Chorgebet und auch das Orgelspiel verwehrt war. Im Vertrauen darauf, dass dies der Wille Gottes sei und aus Liebe zu Ihm, brachte sie stillschweigend dieses Opfer, das ihr besonders schwer wurde, wenn sie die Chorfrauen singen hörte. Es war wohl eine Fügung Gottes, dass ihre Novizenmeisterin bemerkte, dass ihr Buch der „Nachfolge Christi“ bei-nahe auseinanderfiel und ihr anbot, es neu binden zu lassen. Dabei fiel eine Karte heraus, auf der zu lesen war: „als Dank für Dein treues Orgelspiel, Dein Pfarrer“. Völlig überrascht fragte die Novizenmeisterin, ob sie denn Orgel spielen könne und warum sie das noch nie erwähnt hatte? Nun kam ein Stein ins Rollen, da neben Fr. Ancilla Schneider dringend eine weitere Organistin benötigt wurde. Um ins Noviziat der Chorfrauen aufgenommen zu werden, musste sie eine einjährige weiterführende Schule besuchen, wofür sie dankbar war, obwohl es ihr schwer war, zeitweise wieder die Stille des Klosters verlassen zu müssen. Bei ihrer Einkleidung am 4. Dezember 1960 erhielt sie von Äbtissin M. Erentrudis Steidl den Namen „Sr. Maria Emmanuel Immaculata“. Nach der Ablegung ihrer zeitlichen Profess am 8. Dezember 1961 konnte sie das Studium der Kirchenmusik am Mozarteum beginnen, das sie ausgezeichnet meisterte. Am 8. Dezember 1964 legte sie die Feierliche Profess ab und empfing die Jungfrauenweihe. Bald nach der Wahl von Fr. Ancilla Schneider zur Äbtissin im Jänner 1965 wurde Fr. Emma-nuel das Amt der Organistin und Chorleiterin übertragen, das sie bis April 2023 innehatte. Mit viel Mühe und großem Feingefühl führte sie für den Choral die Methode von Solesmes ein und erwarb sich große Verdienste in der Gestaltung der Liturgie, besonders auch bei der Umstellung auf das deutsche Stundengebet. Auch andere Klöster wurden auf sie aufmerksam wie z. B. Frauenwörth im Chiemsee. So gab sie auch dort Unterricht im Choralgesang, Stimmbildung und Orgelunterricht. Wichtig war ihr immer, sowohl bei den Orgelschüler/innen als auch bei den Novizinnen nicht nur in den Choral einzuführen, sondern ebenso die Liebe zur Liturgie zu wecken.
Stets bereitete Fr. Emmanuel die Gottesdienste, die Maiandachten und auch die Singstunden mit äußerster Gründlichkeit vor, denn „dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden“. Alles wurde vorher zumindest zweimal geübt, ganz gleich, wie anstrengend der Tag war. Täglich begleitete sie den Choralgesang bei der Hl. Messe und beim Chorgebet und unterstützte diesen, solange es ihre Stimme erlaubte, mit ihrem hellen Sopran. Fr. Emmanuel war sehr geschickt und übernahm bereitwillig jeden Dienst und jede Aufgabe, die ihr übertragen wurde. Sie erfüllte alles mit Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit und mit einer großen Portion Liebe. Erwähnt seien das pünktliche Läuten zu allen Gebetszeiten, die Mithilfe an der Außenpforte bei der Essensausgabe für die Bedürftigen, die Sorge um das leibliche Wohl der Gäste und Studentinnen, die sie alle schnell in ihr Herz einschlossen oder auch der Dienst in der Wäscherei. Die durch die vielfältige Beanspruchung knappe Zeit wollte sie immer bestmöglich nützen, und so sah man sie stets flink durch das Haus eilen. Gab es zwischendurch ein paar freie Minuten, so schwang sie sich schon wieder auf die Orgelbank, um zumindest ein paar Takte zu spielen, doch nie, ohne davor das Kreuzzeichen zu machen und leise und gesammelt zu sprechen: „Damit in allem Gott verherrlicht werde“. Die Orgel war ihre große Liebe und gleichsam ihre Stimme, um Gott zu loben. Fr. Emmanuel musste schon ernsthaft krank sein, um nicht die Orgelbank zu erklimmen. Als unsere Orgel in die Jahre kam und viele Register nicht mehr so klangen, wie sie sollten, fand sie Wege, um trotzdem den schönsten Klang aus dem Instrument herauszuholen, denn sie kannte ihre Orgel (die nur ein Jahr vor ihr im Jahr 1956 auf dem Nonnberg ihren Dienst begonnen hatte). Bei den Besprechungen für die nun notwendig gewordene Renovierung der Orgel brachte sie ihre reiche Erfahrung ein und sprach mit funkelnden Augen und großer Begeisterung mit. Das Orgelspiel war für Fr. Emmanuel ein Lebenselixier. Selbst in den letzten Jahren, als ihr das Gehen schwerer viel, bestieg sie mit einer Leichtigkeit die Orgelbank. Nie hörte man sie über gesundheitliche Beschwerden klagen. Das Nachlassen ihres Gehörs war ihr ein schweres Kreuz, und doch trug sie es geduldig und vertraute an der Orgel ihrer Erfahrung, wenn sie den Chor begleitete, da sie gewisse Tonhöhen nicht mehr hören konnte.
Wann immer sie an der Chorkapelle vorbeikam, trat sie für ein kurzes Gebet ein, um Jesus im Tabernakel zu grüßen und ihre Liebe zu erneuern. Sie war eine große, innige Beterin und erhielt sich bis ins Alter in ihrem Äußeren und in ihrem Wesen etwas Zartes, Mädchenhaftes. Selbst voll Dank für ihre Berufung betete sie auch viel um Berufungen und sah es als ein Geschenk, als ihr Neffe zum Priester geweiht wurde. Jedem, dem sie begegnete, schenkte sie ein freundliches Lächeln oder ein nettes Wort. Die Gestaltung von Feierlichkeiten zu bestimmten Anlässen war ihr ein großes Anliegen, und mitunter komponierte sie ein Stück dafür. Sie übte auch für Theaterstücke und war dabei für manche Rolle prädestiniert, so dass wir oft herzlich lachen mussten.
Die letzten 7 Monate war sie an das Krankenbett gefesselt und brauchte rund um die Uhr das Sauerstoffgerät. Auch das ertrug sie in aller Ergebenheit, und stets leuchtete auf ihrem Antlitz ihr so freundliches Lächeln. Zu Christkönig verschlechterte sich ihr Zustand, und es schien, sie müsse sterben. Freudig bezeugte sie: „Es gibt keinen schöneren Sterbetag, denn Ihm, meinem König bin ich ganz geweiht“. Doch, noch war es nicht soweit. Am 5. Dezember spürte sie den Tod nahe und nahm sehr bewusst Abschied: „Herr, auf Dich vertraue ich, in Deine Hände lege ich mein Leben. In Mariens Herz und in Jesu Wunden lege ich mich jetzt und zu meiner Sterbestunde.“ Abends vor der Komplet wollte sie nicht mehr alleine sein. Tatsächlich schlief am Ende der Gebetszeit während des Angelusläutens völlig friedlich ein.
Immer wieder bezeugen Menschen, die ihr begegnet waren: Ihre strahlenden Augen und Lächeln haben sich tief bei mir eingeprägt. Charakteristisch war für Fr. Emmanuel aber auch ihre Dankbarkeit, die sie im Kleinen und im Großen zum Ausdruck brachte. So bat sie noch: „Wenn ich gestorben bin, sagen Sie allen DANKE!“ Auch wir sagen DANKE für Fr. Emmanuel, die eine kostbare Perle war und uns jetzt eine Fürbitterin im Himmel ist.