Impuls von P. Thomas Schied OFMCap
Die Vespern in der Woche vor dem Weihnachtsfest sind durch die O-Antiphonen geprägt, die das Kommen Christi mit Bildern aus dem Alten Testament deuten. Am 20. Dezember lautet die Antiphon:
O Schlüssel Davids, Zepter des Hauses Israel –
du öffnest, und niemand kann schließen,
du schließt, und keine Macht vermag zu öffnen:
O komm und öffne den Kerker der Finsternis
und die Fesseln des Todes!
Diese Antiphon lässt mich an ein Märchen der Gebrüder Grimm denken: „Der goldene Schlüssel“.
Ein armer Bub, der im Winter draußen, Holz sammeln muss, findet im Schnee einen kleinen goldenen Schlüssel. „Wo ein Schlüssel ist, miss es auch ein Schloss geben“, denkt er sich und gräbt so lange in der gefrorenen Erdem bis er ein geheimnisvolles Kästchen findet. Was da wohl drin ist?
Er probiert den Schlüssel und siehe da: der Schlüssel passt.
Als Kind war da bei mir die Neugierde geweckt. Doch der Schluss kam abrupt und war einigermaßen überraschen. Es hieß da: „Er drehte des Schlüssel herum und nun müssen wir warten, bis er vollends aufgeschlossen und da Deckel aufgemacht hat. Dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen.“
Ein seltsamer Schluss. Und doch ein bisschen wie im Leben. Wie im Glauben. Wir haben in Christus den Schlüssel in der Hand. Der Vater selbst hat ihn uns geschenkt.
Christus ist es, der öffnet und der schließt, Christus ist es, der uns befreit aus den Kerkern, Finsternissen und Fesseln des Lebens.
Und wie im Märchen, so warten wir auf das „was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, und das in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (1 Kor 2,9)