In diesen Tagen, da auch das kirchliche Leben stark eingeschränkt ist, wenden wir uns im Gebet ganz besonders an den Herrn, dass er allen, die vom Coronavirus und den dadurch verursachten Beeinträchtigungen betroffen sind, helfend und stärkend zur Seite stehe. Unsere Fürbitte gilt u.a. in besonderer Weise:
– den Erkrankten
– allen, die in Quarantäne sind
– den Ärzten und PflegerInnen
– den älteren und durch Vorerkrankungen besonders gefährdeten Menschen
– allen, die in diesen Tagen durch ihren Dienst mithelfen, die Grundversorgung aufrecht zu erhalten
– den Verantwortlichen in der Politik, dass sie die rechten Entscheidungen treffen
– allen, die durch großen persönlichem Einsatz für andere da sind
– allen, die durch Absagen etc. große finanzielle Einbußen haben
– allen, die an keiner hl. Messe teilnehmen können
– allen, die sich einsam fühlen
– für alle, die lange geplante Feiern wie Hochzeiten/Weihen nun verschieben müssen
– für die SchülerInnen, die vor der Matura stehen
– für alle, denen die gegenwärtige Situation Angst macht
– für die Menschen in Ländern, deren Gesundheitssysteme einer Epidemie nicht gewachsen sind
– …
Erzbischof Dr. Franz Lackner hat alle Gläubigen aufgerufen, sich im Gebet zu vereinen, besonders im Gebet des Herrn, dem „Vater Unser“. (Hirtenwort von Erzbischof Lackner)
Dazu laden auch wir ein:
Vereinen Sie sich mit uns im Gebet – im Beten des „Vater Unser“, im Rosenkranz oder durch das kirchliche Stundengebet! (im Internet unter stundengebet.de oder im app-store)
Das Gebet ist die Kraftquelle, durch die wir uns gegenseitig stärken und vom Herrn Hilfe und Segen erbitten können.
Anregungen zum persönlichen Gebet bietet auch der „Corona-Kreuzweg“ von Herbert Messner (aus: Sonntagsblatt f. Steiermark Nr. 14, 5. April)
Unter www.trotzdemnah.at finden sich ganz tolle Anregungen für das persönliche und gemeinsame Gebet, Impulse zu den Tageslesungen, Firmvorbereitung, Live-Gottesdienste und viele hilfreiche Tipps für Alltag – reinschauen lohnt sich!!
Ermutigende und berührende Worte zur gegenwärtigen Situation hat uns auch unser Abtprimas Gregory Polan geschrieben:
Auszug aus dem Rundbrief von Benediktiner-Abtprimas Gregory Polan OSB
In einer italienischen Zeitung erschien dieser Tage ein Artikel über einen Arzt aus Norditalien, der Patienten behandelte, die am Coronavirus schwer erkrankt waren. Die Botschaft des Arztes kommt am besten zum Ausdruck, wenn ich seine Worte so weitergebe, wie sie der Journalist aufgeschrieben hat. In Italien darf niemand ein Krankenhaus zu betreten, um jemanden zu besuchen – kein Priester, keine Ordensschwester, kein Familienmitglied. Es ist also eine Geschichte über einen Priester, der ins Krankenhaus kam, weil er selbst an den Symptomen des Coronavirus erkrankt war. „Vor neun Tagen kam ein 75-jähriger Priester zu uns und bat um medizinische Hilfe. Er war ein freundlicher Mann, er hatte schwere Atemprobleme, aber er hatte eine Bibel bei sich, und es beeindruckte uns, dass er den Menschen, die im Sterben lagen, aus der Bibel vorlas und ihnen die Hand hielt. Wir Ärzte waren alle müde und entmutigt, psychisch und physisch erschöpft, und wir hörten ihm in dieser Verfassung auch zu. Wir sind an dem Punkt, an dem wir zugeben müssen: Als Menschen sind wir an unsere Grenzen gestoßen, wir können nichts mehr tun, und jeden Tag sterben mehr Menschen. Und wir sind erschöpft. Zwei unserer Kollegen sind gestorben, andere sind infiziert. Wir haben erkannt, dass wir die Grenzen dessen, was der Mensch tun kann, erreicht haben. Wir brauchen Gott, und wir haben begonnen, ihn um Hilfe zu bitten. Wir sprechen miteinander und können kaum glauben, dass wir, die wir überzeugte Atheisten waren, jetzt nach innerem Frieden suchen, indem wir den Herrn bitten, uns Kraft zu geben, damit wir uns um die Kranken kümmern können. Gestern starb der 75-jährige Priester. Trotz der Tatsache, dass in den letzten drei Wochen über 120 Menschen auf unserer Station gestorben sind und wir alle erschöpft sind und uns am Boden fühlen, ist es ihm gelungen, uns trotz seines eigenen Zustands und unserer eigenen Schwierigkeiten einen FRIEDEN zu bringen, den wir nicht mehr zu finden hofften. Der Priester ging heim zum Herrn, und bald werden wir ihm folgen, wenn es so weitergeht. Ich bin seit sechs Tagen nicht mehr zu Hause gewesen; ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal etwas gegessen habe; ich erkenne meine eigene Schwäche und mein Unvermögen auf dieser Erde, und ich möchte meinen letzten Atemzug der Hilfe für andere widmen.“1
Meine lieben Brüder und Schwestern, das Coronavirus stellt uns ein großes Geheimnis vor, ein Paradox, über das wir nachdenken müssen: im Leiden und im Tod gibt es Heilung und neues Leben. Der Gott, der unser Leben umgibt, ist in der Lage, Trauer, Leid und sogar Tod hinwegzunehmen und Seele und Leib zu heilen und zu einem neuen Leben zu bringen. Wir verstehen, dass aus den Worten dieses Arztes das Ostergeheimnis spricht; sein aufopferungsvoller Dienst hat Bedeutung in Gottes sich entfaltendem Plan für unser Heil und unsere Erneuerung. Die Verwandlung des menschlichen Herzens ist das Werk Gottes, und oft benutzt Gott uns als Werkzeuge der göttlichen Gnade, um das Leben der Menschen neu werden zu lassen. Deshalb können wir sicher sein, dass Gott inmitten aller Ereignisse der menschlichen Geschichte steht. Das heißt nicht, dass er sie herbeigeführt hat, sondern dass er der Herr der menschlichen Geschichte ist und wir nie weit von der erlösenden Hand Gottes entfernt sind.
In diesen Tagen wurde mir die Frage gestellt, ob das Coronavirus eine Strafe Gottes für unsere heutige Welt sei. – Nein, das ist er sicher nicht. Wenn solche Katastrophen passieren, ist es ganz natürlich zu fragen: „Warum ist das passiert, woher kommt das, wer ist schuld daran?“ Dieselbe Frage findet sich im Lukas-Evangelium, als man Jesus nach den 18 Menschen fragte, die beim Einsturz des Turmes von Schiloach erschlagen wurden. Jesus antwortete: „Meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem? Nein, sage ich euch.“ (Lk. 13,4-5a). Die Antwort Jesu an das Volk zeigte, dass ihre Interpretation falsch war. Es ist doch so, dass wir vieles einfach nicht wissen oder erklären können, und unsere menschliche Existenz ist angefüllt mit vielen unbeantworteten Fragen. Ein weiteres Beispiel findet sich im Johannes-Evangelium, als die Jünger Jesus fragten: „Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, so dass er blind geboren wurde? Jesus antwortete: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt.“ (Joh 9, 2-3a) Jesus sagt den Jüngern, dass sie auf sich selbst schauen und in dem Licht wandeln sollen, das Jesus ihnen zeigt, d.h. dass sie ihm treu folgen sollen.
Gott führt und sorgt für uns weiterhin durch die engagierten Männer und Frauen in unseren Regierungen auf der ganzen Welt. Sie haben den Bedrohungen ins Auge geschaut, vor denen wir stehen und die wir durch die Ereignisse kennen, die sich von China über Italien und darüber hinaus ausgebreitet haben und weiter ausbreiten. Gott spricht zu uns durch sie und auch durch die Verantwortlichen in unserer Kirche, die uns aufgefordert haben, die Einschränkungen und Richtlinien zu befolgen, die die Ärzteschaft unseren Regierungen gegeben hat. Es sind Gesetze, die eingeführt wurden, um die Ausbreitung dieses krankmachenden Virus zu stoppen, Leben zu erhalten und diejenigen zu schützen, die am verwundbarsten sind – und im Grunde uns alle. Dieses Virus schaut nicht nach dem Alter, sondern bedroht uns alle. Die Einschränkungen setzen uns Grenzen in dem, was wir tun können, wohin wir gehen dürfen und wie wir miteinander umgehen sollen – alles zu unserem Nutzen. Diese Männer und Frauen sind ein Sprachrohr der Stimme Gottes, und in der menschlichen Kommunikation erkennen wir die göttliche Gegenwart. Wir dürfen glauben, dass unser Gehorsam und unsere Kooperation ein Beitrag zur Erlösung ist, wenn sowohl Leben gerettet werden als auch die Ausbreitung dieses Virus aufgehalten wird.
Für uns Benediktiner und Benediktinerinnen bleibt unser tägliches Gebet eine Quelle der Ermutigung, wenn unsere Gemeinschaften zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören und die Psalmen zu beten. Die Texte der Heiligen Schrift und der Psalmen vereinen uns, so dass wir in einer Stimme zu Gott schreien, und zwar nicht nur für uns selbst, sondern für alle, die in irgendeiner Weise Verluste erlitten haben. Manchmal haben mir Menschen gesagt, dass sie sich mit den harten und gewalttätigen Worten der Psalmen schwer tun, insbesondere mit denen, die in den Klagepsalmen zu finden sind. In diesem Augenblick, in dem so viele unter den Schmerzen eines fremden Feindes leiden, der in den menschlichen Körper eindringt und ihn schwächt, geben uns die Worte der Klagepsalmen eine Sprache der Solidarität mit denjenigen unserer Brüder und Schwestern in der Menschheitsfamilie, die Tod, Krankheit und Not erlitten haben und erleiden. Die Worte der biblischen Klagen verbinden unsere Stimmen mit jenen Menschen, die den erlebten Schmerz kaum ausdrücken können; wir können ihre Stimme zu Gott werden und um Gnade bitten oder nach einem Ende ihrer Gefangenschaft oder ihres Exils rufen. Ein tiefes Gefühl der Solidarität verbindet uns mit ihnen, denn gemeinsam bestürmen wir den Himmel sowohl mit unseren Worten als auch mit unseren Opfertaten. Wenn wir die Opfer, die von uns verlangt werden, mit Bereitschaft und einem Geist echter Nächstenliebe annehmen können, erfüllen wir die Worte Gottes, die uns durch den Propheten Jesaja gegeben wurden: „Durch Umkehr und Ruhe werdet ihr gerettet, im Stillhalten und im Vertrauen liegt eure Kraft.“ (Jes. 30,15)
1 Marco Tosatti, “THE CRY OF A DOCTOR IN LOMBARDY. ABOUT THE VIRUS, DEATH AND GOD.” (Der Schrei eines Arztes in der Lombardei. Über das Virus, den Tod und Gott), 20. März 2020. Link zum englischen Original: https://www.marcotosatti.com/2020/03/21/the-cry-of-a-doctor-in-lombardy-about-the-virus-death-and-god/