Am Herz-Jesu-Freitag, dem 6. Juli 2018, durfte unsere Mitschwester Frau M. Hildegard (Elisabeth) Grosser OSB nach langer, still und überaus tapfer ertragener Krankheit zu Jesus, dem Ewigen Hohenpriester heimkehren.

Nekrolog

Elisabeth wurde am 7. August 1933 in Wien als 3. Kind ihrer Eltern Rudolf und Gertrud Grosser geboren, die beide sehr religiös waren. Ihre Mutter trug sich sogar mit dem Gedanken eines Klostereintritts, den sie jedoch nicht verwirklichen konnte, da sie sich nach dem Tod des Vaters um die kranke Mutter und die beiden jüngeren unversorgten Schwestern kümmern musste.
Elisabeths ältere Schwestern waren Zwillinge, kamen jedoch um 2 Monate zu früh und eine starb schon am Tag nach der Geburt. 1937 kam ihre 3. Schwester zur Welt. „Trotz der widrigen Zeitumstände gelang es meinen Eltern, uns eine schöne und verhältnismäßig sorglose Kindheit zu schenken.“ Doch das Jahr 1945 brachte über die Familie schwerste Prüfungen. „Mein Vater, der bis dahin als untauglich galt, wurde zuletzt doch noch zum Volkssturm eingezogen und war monatelang vermisst. Wir daheim litten großen Hunger und hatten uns in den feuchten Kellern langwierige Krankheiten zugezogen. Im September 1945 kehrte mein Vater nach Wien zurück. Somit waren wir wieder glücklich vereint, und das Schlimmste schien hinter uns zu liegen. Da erkrankte meine jüngere Schwester an Diphterie und starb an deren Folgen am 8. Dezember 1945. Meine Eltern trugen diesen Schicksalsschlag in echt christlicher Gesinnung, konnten aber den Verlust des Kindes nie ganz überwinden.“
Die Wirren der Kriegszeit überschatteten ihre Schulzeit. Die Schulen wurden teils als Lazarette oder Kasernen umfunktioniert oder durch Bombentreffer beschädigt, so dass Elisabeth bis zum Ende des Krieges 8 verschiedene Schulen besuchte. Zeitlebens blieb ihr die in dieser Zeit vor allem durch die Fliegeralarme ausgelöste Angst und Schreckhaftigkeit. Nach der Volks- und Hauptschule besuchte sie eine 2-jährige HBLA für hauswirtschaftliche Frauenberufe und anschließend die Bildungslehranstalt für Kindergärtnerinnen. Dort legte sie 1952 die Staatsprüfung ab. Da die Aussichten für diesen Berufszweig damals aber nicht günstig waren und ihr der Hausarzt auf Grund ihrer angeschlagenen Gesundheit davon abriet, besuchte sie noch einen Kurs für Stenographie, Maschinschreiben und Handelskorrespondenz. Elisabeth bekam eine Anstellung in der Buchhaltung des Österreichischen Bundesverlages, wurde jedoch auf Grund ihres raschen Auffassungsvermögens aushilfsweise auch der Direktion und Fakturierung zugeteilt und führte vertretungsweise die Kassa. „Frl. Grosser hat alle ihr übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt. Sie war eine fleißige, pünktliche und verlässliche Mitarbeiterin, ein stetes Vorbild ihrer Kollegen“, schrieb ihr Arbeitgeber in ihr Arbeitszeugnis.
Der Heimatpfarrer sagte über Elisabeth: „Ich lernte ihren Eifer schätzen, mit dem sie beim Erstkommunionunterricht und in Jungscharstunden mithalf. … und schätzte an ihr die Fröhlichkeit, die ständige Hilfsbereitschaft und Arbeitsfreude, letztere besonders, wenn es um kunsthandwerkliche Dinge ging. Als Pfarrer bin ich überzeugt, dass all ihr Tun in einer gesunden und innigen Religiosität wurzelt. Die Aufnahme in ihre Ordensfamilie bedeutet für sie höchste Erfüllung. … ein reiner Mensch, der Christus liebt und der Kirche mit allen Kräften und Fähigkeiten dienen will.“
Den Ruf, ins Kloster einzutreten, verspürte Elisabeth erstmals 1960 bei einer Romwallfahrt, wehrte sich jedoch gegen diese innere Stimme, weil sie ihr glückliches Leben nicht aufgeben wollte. Erst nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters begann sie sich näher mit dem Klosterleben zu befassen. „Da ich mir in der Wahl des Ordens noch nicht klar war, betete ich inständig zur hl. Theresia um Hilfe, die mir auch zwei Tage später in Form eines Artikels über den Nonnberg in einer Zeitschrift zuteil wurde. Ich war mir sofort klar, dass dies der passende Ort für mich sei und meine persönlichen Erfahrungen … können dies nur bestätigen.“ Zwei Beweggründe leiteten sie: „die Sühne für die zunehmende religiöse Gleichgültigkeit so vieler Menschen und das Opfer und Gebet für die Priester- und Ordensberufe.“ Darum bekam sie am Laetaresonntag 1964 bei der Einkleidung zum Namen Sr. M. Hildegard das Prädikat „von Jesus, dem Ewigen Hohenpriester“. In bräutlicher Liebe ersehnte sie die Profess, die sie am 16. 5. 1965 auf 3 Jahre und zu Pfingsten 1968 für immer ablegen durfte. Dabei empfing sie von Erzbischof Rohracher die Jungfrauenweihe.
Bald war sie dem Kloster durch ihre vielfältigen Begabungen, die einen Einsatz in vielen Aufgabengebieten ermöglichten, ein großer Gewinn. In ihrer Fröhlichkeit war sie als Aufsichtsperson im Internat äußerst beliebt. Hier, wie auch in der Gestaltung von Festtagsrekreationen für Mitschwestern konnte Sr. Hildegard ihre künstlerischen Fähigkeiten voll einbringen. Ihr reiches Innenleben fand stets in ihrer Kreativität Ausdruck: das Malen, Dichten, Basteln und Musizieren, auch Theater zu spielen, liebte sie sehr und schrieb auch viele Stücke und Sketche selbst. Mit viel Liebe und großem Gespür für den Anlass schuf sie unzählige Meisterwerke. Unvergessen bleiben ihre so trefflichen Gedichte, mit denen sie besonders Jubilarinnen beschenkte.
Mit höchster Präzession fertigte sie lange Zeit Zertifikate und Urkunden für die Universität und andere öffentliche Ämter an.
Als Gastschwester wirkte sie über ein Vierteljahrhundert in unserem “Oberhof“. Ihr reges Interesse und ihre wahre Anteilnahme am Leben der Gäste führte zu einer tiefen Verbundenheit, da sie alle Anliegen im Gebet mittrug. Dadurch war sie bis zuletzt eine „Anlaufstelle“, die die Gäste in Freude und Leid dankbar aufsuchten.
Als Magistra stand sie den jungen Mitschwestern einige Jahre zu Seite, empfand dieses Amt aber eher als eine Überforderung, so dass sie erleichtert war, als sie es abgeben konnte.
Auch in der Wäscherei und Verwaltung half sie aus und war stets zu jedem Liebesdienst bereit. Nie fehlte es ihr an einer Idee, wenn es darum ging, Erleichterungen zu schaffen oder Schwierigkeiten abzuhelfen.
Mit großer Liebe und Treue und besonderem Eifer pflegte sie das Chorgebet, das sie bis vor wenigen Tagen – wenn auch nur mehr eingeschränkt – betete. Die tägliche Feier der hl. Messe und das Offizium waren ihre Kraftquellen.
Schon im Jahre 2000 erkrankte sie an Parkinson, was für sie ein stetes Loslassen forderte. Schwer fiel es ihr, nach und nach alle Arbeit aus der Hand geben zu müssen, ihr künstlerisches Wirken aufzugeben und mehr und mehr der Einsamkeit der Zelle ausgeliefert zu sein. Doch sie ließ sich nie völlig entmutigen, begann sich immer wieder der Situation zu stellen und mit viel Phantasie die neuen Herausforderungen zu meistern. Sie nutzte die Zeit der Krankheit besonders zur Mission, indem sie bis zuletzt hunderte Rosenkränze für die Katholische Glaubensinformation knüpfte. Dabei betete sie bei jeder Perle, die sie auffädelte, ein Ave Maria für die Heimatmission.
Zeitlebens las sie viel und liebte Heiligengeschichten, die sie so verinnerlichte, dass sie daraus viel Kraft schöpfte. Sie waren für sie gleichsam wie ein Handlauf, an dem sie sich festhielt, um ihre Einschränkungen auf Grund der Krankheit gut zu bewältigen. Auch in ihrer Liebe zur Musik fand sie eine große Hilfe, denn sie hörte nicht nur die Passionsgesänge, sondern buchstabierte sie förmlich für ihr eigenes Leben. Bei allem Bemühen sich die Selbstständigkeit weitestmöglich zu erhalten, war sie für jede ihr erbrachte Hilfe sehr dankbar. Mit großer Freude nahm sie bis vor zwei Wochen immer noch an der gemeinsamen Rekreation teil, und in ungebrochener Treue verbrachte sie regelmäßig eine Stunde der Anbetung in der Krankenkapelle. Vor einigen Monaten äußerte sie noch den Wunsch nach einer Herz-Jesu- Statue, die sie sich auf ihrer Kommode aufstellte.
Ein Sturz vor zwei Wochen führte zu einem massiven Einbruch ihrer Kräfte und fesselte sie nun ganz ans Bett. Wohl abzusehen und doch überraschend schlief sie am Herz-Jesu-Freitag, versehen mit den hl. Sakramenten, den Blick auf die Herz-Jesu-Statue gerichtet, völlig friedlich ein.